Implantologie


Sinuslift: wann „intern“, wann „lateral“? – Eine praktische Anleitung

Abb. 1: Das OPG macht es offensichtlich: wenig Restknochen zwischen Mundschleimhaut und Kieferhöhlenschleimhaut.

Der Sinuslift ist eine anerkannte Methode zur Augmentation, wenn das Knochenangebot für eine Implantation zunächst zu gering erscheint. Plant der Behandler einen Sinuslift, stellt sich ihm häufig die Frage, ob dabei „lateral“, d. h. von einem seitlichen Fenster, oder „intern“, also krestal von einem minimalinvasiven Zugang, vorgegangen werden sollte. Die folgenden Fallpräsentationen sollen hierfür eine Entscheidungshilfe geben, basierend auf den Erfahrungen aus dem klinischen Alltag der Autoren nach über 1.000 operierten Fällen. Diese beschreiben im Folgenden ihre Vorgehensweisen beim lateralen und internen Sinuslift und zeigen auch, wie eine korrekte Komplikationsbehandlung aussieht, sollte es zu einer Membranperforation kommen.

Die nach Zahnverlust voranschreitende Knochenatrophie sowie die nach Zahnentfernung unaufhaltsam fortschreitende Sinuspneumatisation führen im Oberkieferseitenzahngebiet dazu, dass ein Knochenaufbau in der Kieferhöhle notwendig wird, um Implantate setzen zu können (Abb. 1). Da der Wunsch der Patienten nach festem Zahnersatz immer größer wird, spielt das Thema Sinuslift und Knochenaugmentation eine immer größere Rolle.

Der laterale sowie der interne Sinuslift sind mittlerweile akzeptierte präimplantologische Eingriffe zur Knochenaugmentation im seitlichen Oberkieferbereich. Zum ersten Mal beschrieben wurde der laterale Sinuslift 1977 von Tatum und dann von Boyne und James 1980 veröffentlicht. Der interne Sinuslift wurde ebenfalls von Tatum 1986 vorgestellt und 1994 von Summers dann perfektioniert (daher auch Summers-Lift). Wir blicken somit auf eine über 30-jährige Geschichte des Sinuslifts zurück. Zahlreiche Studien und Übersichtsarbeiten der vergangenen Jahre zeigen, dass der Sinuslift – lateral sowie intern – eine sichere, vorhersehbare und zuverlässige Methode zur Knochenaugmentation in der Kieferhöhle ist.

Präoperative Diagnostik und Planung

Zur präoperativen Diagnostik und Planung gehört eine gründliche medizinische Anamnese, vor allem auch bezogen auf Erkrankungen der Nase und der Nasennebenhöhlen, sowie eine klinische und radiologische Untersuchung für die richtige Indikationsstellung. Sinusbodenaugmentationen sind bei bestrahlten Patienten sowie bei der intravenösen Anwendung von Bisphosphonaten kontraindiziert. Eine weitere absolute Kontraindikation für einen Sinuslift ist eine vorausgegangene radikale Kieferhöhlenoperation nach Caldwell-Luc, wie sie heute nur noch selten durchgeführt wird.

Pathologische Veränderungen der Kieferhöhle sind z. B. antrale Pseudozysten, die häufig auf dem OPG als domartige radioopake Läsionen zu erkennen sind. Ursache hierfür ist meist eine chronische Sinusitis maxillaris. Chronische sowie akute Kieferhöhlenerkrankungen sind keine absoluten Kontraindikationen für einen Sinuslift, allerdings muss dies prätherapeutisch genau abgeklärt und entsprechend behandelt werden (Antibiose, abschwellende Nasentropfen, Inhalation etc.). Bei weiteren Auffälligkeiten bietet es sich an, den Patienten vorab HNO-ärztlich untersuchen zu lassen. Für die konkrete Planung sind neben der klinischen Inspektion die Abdrucknahme und die Modellherstellung sinnvoll und notwendig. Das Minimum an radiologischer Diagnostik ist die Panoramaschichtaufnahme. Empfehlenswert ist eine zusätzliche dreidimensionale Diagnostik (CT/DVT). Anhand einer DVT-Aufnahme können gerade anatomische Besonderheiten beurteilt werden, die auf einer Panoramaaufnahme nur schwer oder gar nicht dargestellt werden können.

Abb. 2: Präparation getrennter Knochenfenster bei Vorliegen eines Septums.
Von großer Bedeutung sind hier die Kieferhöhlen-Septen (Abb. 2). Diese werden in der Literatur mit einer Prävalenz von 16 bis 58 % angegeben [1–4]. Anhand der dreidimensionalen Diagnostik können Lage, Verlauf und Höhe des Septums genau bestimmt und dann der Eingriff entsprechend angepasst werden. So werden je nach Verlauf des Septums zwei getrennte Fenster vor und hinter dem Septum präpariert oder es erfolgt eine nierenförmige Antrotomie um das Septum herum.

Eine weitere anatomische Besonderheit, die auf der Panoramaaufnahme nicht zu erkennen ist, ist der Winkel zwischen medialer und lateraler Kieferhöhlenwand. Eine Studie von Cho et al. 2001, die sich mit dem Zusammenhang zwischen der Sinusanatomie und der Perforationshäufigkeit der Schneider’schen Membran befasst, zeigt, dass es bei einer sehr schmalen und engen Kieferhöhle (Winkel zwischen medialer und lateraler Wand < 30°) schon zu einer Perforationshäufigkeit von über 60 % beim lateralen Sinuslift kommt [5].

Medikation

Der chirurgische Eingriff erfolgt unter Lokalanästhesie der gesamten Alveolarfortsatzhälfte. Eine Sedoanalgesierung mit Dormicum (Pulsoxymetrie und bereitliegendes Gegenmittel Anexate® sind obligat) kann zusätzlich in Erwägung gezogen werden. Die orale Antibiose wird sehr unterschiedlich mit verschiedenen Mitteln empfohlen. Eine „Single-shot-Dosierung“ mit beispielsweise 2 g Amoxicillin oder 600 mg Clindamycin 1 h vor Beginn der Operation erscheint uns zu gewagt. Eine Alternative mit sehr gutem Erfolg ist die Gabe von Doxycyclin 100–200 mg/Tag (je nach Körpergewicht) für 10 Tage, beginnend 3 Tage vor der Operation. Eine Schmerzmedikation kann mit Ibuprofen 600/800 mg erfolgen. Der Patient spült mit Chlorhexidin 1 % 2- bis 3-mal täglich und bekommt abschwellende Nasentropfen zur Sicherstellung der Ventilation sowie ein „Schneuzverbot“ für 10 Tage, um einen Druckaufbau in der Kieferhöhle zu vermeiden.

Techniken zur Knochenaugmentation im lateralen Oberkiefer

Abb. 3: Klassifikation nach Ratschow & Sieper.
Unterschieden wird generell je nach Restknochenhöhe zwischen dem internen Sinuslift und dem lateralen Sinuslift. Der laterale Sinuslift wird zusätzlich noch in ein einzeitiges und ein zweizeitiges Vorgehen unterteilt.

Wann intern, wann lateral?

Anhand einer Auswertung der in unserer Praxis operierten Fälle ist folgende Tabelle entstanden, die uns nun bei der Behandlungsplanung als Leitlinie dient. Im Folgenden soll auf die letzen drei Punkte der Tabelle eingegangen werden (Abb. 3).

Interner Sinuslift

Der interne Sinuslift stellt ein sehr minimalinvasives und patientenschonendes Verfahren zur Knochenaugmentation in der Kieferhöhle dar, bei dem der Kieferhöhlenboden über die Implantatbohrung mit Osteotomen angehoben wird. Es wurden auch Methoden mit sogenanntem Ballonkatheter (Heuckmann) oder mit hydropneumatischer Technik (Kurrek) beschrieben, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Im Folgenden wird das Vorgehen beim internen Sinuslift anhand eines Fallbeispiels beschrieben.

Der 60-jährige Patient, schon jahrelang Totalprothesenträger, kam mit dem Wunsch nach festem Zahnersatz in unsere Praxis (Abb. 4). Die vorhandene Totalprothese mit zu niedrig eingestelltem Biss konnte nur mit Haftcreme in situ gehalten werden. Gemäß den Empfehlungen der Fachgesellschaften planten wir eine Versorgung mit sechs Implantaten. Bei einer Restknochenhöhe von 5 mm im Bereich der Region der ehemaligen 6er sollte der Kieferhöhlenboden über einen internen Sinuslift angehoben werden. Bei relativ stark reduziertem Knochenangebot in der Transversalen des anterioren Kiefers wurde in Regio 13 und 14 eine Aufklappung vorgenommen, um einen schonenden Bonesplit durchführen zu können. Die Implantate anterior des Sinus wurden nach virtueller Planung mithilfe einer Navigationsschablone nach entsprechender Stanzung transgingival inseriert (Abb. 5–7). Beim internen Sinuslift erfolgte die Implantatbohrung bis einen Millimeter an den Kieferhöhlenboden heran. Für die genaue Messung der Restknochenhöhe in der Transversalen ist daher eine DVT-Aufnahme sehr zu empfehlen (Abb. 5).

Abb. 4: OPG vor Implantation, zahnloser Oberkiefer mit einer Restknochenhöhe von ca. 5 mm in Region 16 und 26.
Abb. 5: Anhand der DVT-Schnitte Regio 16 kann die Restknochenhöhe exakt ausgemessen werden und ermöglicht so ein Vorgehen, bei dem „Flapless“ gearbeitet werden kann.
Abb. 6 u. 7: Nahezu unblutige Stanzung Regio 16.
Abb. 8: Osteotome mit konkaver, scharfer Spitze, um den Kieferhöhlenboden zu frakturieren, und Osteotome mit konvexer, stumpfer Spitze, um den Kieferhöhlenboden auf die gewünschte Höhe anzuheben.

Mit Osteotomen konischen Durchmessers kann die Implantatbettaufbereitung zu einer erhöhten Primärstabilität der Implantate führen. Ein Osteotom mit einer konkaven Spitze wird benutzt, um den Kieferhöhlenboden zu frakturieren (Abb. 8). Anhand eines Valsalva-Manövers kann vorsichtig überprüft werden, ob die Membran intakt ist. Man fordert hierbei den Patienten bei zugehaltener Nase auf zu schnäuzen.

Auch die direkte Sicht mithilfe endoskopischer Kontrolle, wozu nur eine kleine Bohrung im Bereich der Fossa canina erforderlich ist, wird vielfach empfohlen. Entsprechend der Klassifikation nach Sieper und Ratschow (Abb. 3) sollte nach Einbringung des Augmentates (zuvor gesammelte Eigenknochenspäne, synthetisches, alloplastisches oder heterologes Material) vor Einbringung des Implantates eine Röntgenkontrolle erfolgen. So kann am besten sichergestellt werden, ob die angehobene Kieferhöhlenschleimhaut intakt geblieben ist.

Anschließend wird das Knochenaufbaumaterial eingebracht, hierfür wurde xenogenes osteokonduktives Augmentationsmaterial (Bio-Oss® Geistlich, Baden-Baden, oder synthetisches Tricalciumphosphat Bioresorb®, Implant Direct, Zürich) verwendet. Das Einbringen des Knochenaufbaumaterials erfolgt am einfachsten mithilfe eines konvexen Osteotoms mit einem etwas geringeren Durchmesser als der Bohrstollen. Dies ermöglicht eine optimale Taktilität ohne Reibungswiderstand im Bohrstollen (Abb. 9–11). Nach der Implantatinsertion ist auf dem postoperativen Röntgenbild sehr gut der Knochenaufbau als domartige Wölbung um die Implantatspitzen herum zu erkennen (Abb. 12).

Abb. 9–11: Einbringen von BioOss® nach Anhebung der Schneider’schen Membran, „Bonepusher“ bringen BioOss® in den Hohlraum ein, anschließendes Eindrehen der Implantate.
Abb. 12: Auf dem postoperativen Röntgenbild sind die Augmentationsareale im Bereich der endständigen Oberkieferimplantate deutlich erkennbar.

Lateraler Sinuslift

Anhand eines Fallbeispiels soll im Folgenden das praktische Vorgehen beim lateralen Sinuslift beschrieben werden. Eine 48-jährige Patientin stellte sich mit dem Wunsch nach festem Zahnersatz in unserer Praxis vor. Die Freiendsituation im Oberkiefer links sollte mit zwei Implantaten versorgt werden. Wir planten einen lateralen Sinuslift und ein einzeitiges Vorgehen bei einer Restknochenhöhe von ca. 4 mm in Regio 26 (Abb. 13 u. 14). Zunächst erfolgte die großflächige Darstellung der lateralen Kieferhöhlenwand über einen horizontalen Kieferkammschnitt, eine vertikale Entlastungsinzision erfolgte mesial und distal, um eine gute Übersicht zu gewährleisten. Im Bereich 25 zeigte sich hier schon ein knöcherner Defekt in der Kieferhöhlenwand mit Zugang zur Kieferhöhle. Ursache hierfür war eine zuvor mit der Zahnentfernung 25 entfernte radikuläre Zyste (siehe präoperatives OPG, Abb. 14). Anschließend wurde mit der Präparation des Knochenfensters Regio 26 begonnen (Abb. 15 u. 16). Dies erfolgte mit rotierenden Instrumenten (Kugelfräse oder diamantierte Kugelfräse) oder schonend mit einem piezoelektrischen Ultraschallgerät. Statt eines eckigen Fensters empfiehlt sich ein runder oder ovaler Verlauf. Die Präparation und das Ablösen der Membran werden so erleichtert. Der kraniale Rand des Fensters sollte ca. 14 mm vom krestalen Alveolarknochen entfernt sein, damit Platz für Implantate mit 11–13 mm Länge geschaffen wird. Piezosurgery ist ein Verfahren in der modernen Knochenchirurgie, bei dem der Knochen schonend durch hochfrequente Ultraschallvibrationen abgetragen wird. Von den Herstellern wird es hinsichtlich Präzision und Sicherheit angepriesen (Abb. 17 u. 18). Studien zeigen, dass Piezosurgery zur Reduktion von intraoperativen Komplikationen, wie etwa Membranperforationen, beiträgt [6]. Der trompetenförmige Aufsatz des Ultraschallgerätes ist besonders geeignet für eine atraumatische Initialablösung der Schneider’schen Membran (Abb. 19 u. 20).

Abb. 13: Klinische Ausgangssituation, geplante Implantation Regio 24 und 26.
Abb. 14: Röntgenologische Ausgangssituation.
Abb. 15: Darstellung der lateralen Kieferhöhlenwand, knöcherner Defekt Regio 25 mit Zugang zur Kieferhöhle vorhanden.
Abb. 16: Präparation des Knochenfensters Regio 26.
Abb. 17 u. 18: Piezosurgery-Gerät und die dazugehörigen Aufsätze, die beim Sinuslift verwendet werden.
Abb. 19: Der trompetenförmige Aufsatz des Piezo-Gerätes hilft bei der initialen Präparation des Knochenfensters.
Abb. 20: Präparation der Schneider’schen Membran mit speziellen gewinkelten Sinusliftinstrumenten.

Die Präparation der Schneider’schen Membran erfolgt mit speziellen gewinkelten Sinusliftinstrumenten, mit denen vorsichtig, ständig unter Knochenkontakt, gearbeitet wird. Die Sinusmembran wird bis zur medialen Kieferhöhlenwand vom Knochen abgelöst, sodass ein Hohlraum entsteht, der vollständig von Knochen umgeben ist. Der präparierte Knochendeckel kann belassen und mit der Membran in die Kieferhöhle geschlagen werden, sodass er sozusagen das Dach der neu geschaffenen Höhle bildet.

Bevor mit der Implantatbohrung begonnen wird, wird zunächst ein Knochenaufbaumaterial in den medialen Teil der Kieferhöhle eingebracht, um spätere Hohlräume zu vermeiden. Verschiedene Knochenaufbaumaterialien wurden in der Vergangenheit ausgiebig untersucht. Das Originalverfahren von Boyne verwendete 100 % autologen Knochen aus dem Beckenkamm. Die Liste der Knochenersatzmaterialien, die zusätzlich oder anstelle von autologem Knochen verwendet werden, wird stetig länger. Das wohl am besten untersuchte Knochenersatzmaterial ist BioOss®, ein xenogenes Knochenersatzmaterial bovinen Ursprungs, neuerdings auch als praktische Einwegapplikationsspritze erhältlich.

Indem ein Knochenersatzmaterial mit autologem Knochen, der sehr gut mit einem Bonescraper an der lateralen Kieferhöhlenwand entnommen werden kann, gemischt wird, macht man sich die positiven Eigenschaften des autologen Knochens (Osteoinduktivität und -konduktivität) sowie des Knochenersatzmaterials (Osteokonduktivität und Volumenstabilität) zunutze (Abb. 21 u. 22). Ein Mischungsverhältnis 50 % Eigenknochen, 50 % xenogenes Knochenersatzmaterial weist eine höhere Volumenstabilität auf als reiner Knochen und wird vielfach als Goldstandard betrachtet. Der autologe Knochen enthält alle Elemente, die für die Bildung von neuem Knochen erforderlich sind – Mineralien, Kollagenmatrix, funktionsfähige Zellen, Wachstumsfaktoren und BMPs –, und kann natürlich auch allein verwendet werden. Knochenersatzmaterialien stabilisieren das Volumen des Transplantates durch ihre Dichte und ihre stark verzögerte Resorption, wobei eine vollständige Resorption synthetischer Materialien nicht stattfindet. Bei der Implantatbohrung ist darauf zu achten, dass die Schneider’sche Membran nicht verletzt wird. Hierfür kann zum Beispiel zum Schutz ein Raspatorium in die Kieferhöhle direkt am Ausgang des Implantatbohrers gehalten werden (Abb. 23).

Abb. 21 u. 22: Knochenersatzmaterial und autologer Knochen werden vermischt.
Abb. 23: Schon inseriertes Implantat Regio 24 und Implantatbettaufbereitung Regio 26.

Der Knochen im Oberkiefer ist meist sehr weich (D4, Klassifikation nach Misch). Um eine ausreichende Primärstabilität vor allem bei geringer Restknochenhöhe zu erreichen, bietet es sich an, lediglich eine Pilotbohrung durchzuführen. Die weitere Implantatbettaufbereitung kann dann mit konischen Osteotomen aufsteigenden Durchmessers erfolgen. Hierdurch kommt es zu einer Knochenkondensation, die eine erhöhte Primärstabilität zur Folge haben soll.

Nachdem das Implantat oder die Implantate gesetzt wurden, wird die Kieferhöhle vollständig mit dem Transplantatmaterial aufgefüllt (Abb. 24) und das Knochenfenster mit einer resorbierbaren Kollagenmembran abgedeckt (Abb. 25). Einige Studien zeigen, dass die Knochenbildung hierdurch verbessert und die Anzahl der Implantatmisserfolge reduziert wird [7,8]. Das postoperative Röntgenbild zeigt die inserierten Implantate, der Knochenaufbau in der Kieferhöhle ist deutlich zu erkennen (Abb. 26). Die Einheilzeit beträgt vier bis sechs Monate.

Abb. 24: Implantate in situ und mit dem Transplantatmaterial aufgefüllte Kieferhöhle sowie Regio 24 vorhandene Knochendefekte.
Abb. 25: Implantate und Transplantatmaterial mit resorbierbarer Membran abgedeckt.
Abb. 26: Postoperatives Röntgenbild.

Zweizeitiges Vorgehen

Nun gibt es aber auch die Fälle, in denen es zu einem so erheblichen Knochenabbau gekommen ist, dass nicht einzeitig augmentiert und implantiert werden kann. Der nächste Fall zeigt das Vorgehen beim lateralen Sinuslift im zweizeitigen Vorgehen.

Die 56-jährige Patientin, schon seit vielen Jahren Totalprothesenträgerin, war aufgrund des schlechten Sitzes ihrer Prothese – bedingt durch einen extrem atrophierten Kiefer – sehr unglücklich. Hinzu kam ein Schlotterkamm im Frontzahnbereich, der den Sitz der Prothese trotz Unterfütterung zusätzlich verschlechterte (Abb. 27). Schaut man sich das OPG an, so könnte man meinen, dass noch 3 bis 4 mm Restknochenhöhe im Seitenzahnbereich vorhanden ist, um einzeitig vorzugehen (Abb. 19). Allerdings zeigt die von uns angefertigte DVT-Aufnahme, dass hier ein erheblicher vertikaler, vor allem im Frontzahnbereich, und sagittaler Knochenabbau vorliegt (Abb. 28–30). Weiterhin ist auf dem OPG sowie auf der DVT-Aufnahme in der linken Kieferhöhle ein Septum zu erkennen, das zu einem erhöhten Schwierigkeitsgrad beim Sinuslift führt (Abb. 31). Wir planten ein zweizeitiges Vorgehen, begonnen mit dem lateralen Sinuslift beidseitig.

Abb. 27: Ausgangssituation: zahnloser Oberkiefer, Schlotterkamm.
Abb. 28–30: DVT-Aufnahme zeigt vertikalen und sagittalen Knochenabbau.
Abb. 31: Septum in der linken Kieferhöhle.

Zunächst wurde auf der linken Seite wie bekannt mit der Fensterpräparation mittels Piezosurgery begonnen. Hier wurden aufgrund des Septums zwei Fenster präpariert, eins mesial und eins distal des Septums (Abb. 32–34). So kann von beiden Seiten zum Septum hin die Kieferhöhlenschleimhaut abpräpariert werden. Ein sicheres Zeichen für eine intakt gebliebene Kieferhöhlenschleimhaut ist ein Aufblähen der Kieferhöhlenschleimhaut wie ein Ballon, wenn die Patientin atmet.

Abb. 32: Präparation des Knochenfensters mit Piezosurgery.
Abb. 33: Zwei Fenster wurden präpariert – mesial und distal des Septums.
Abb. 34: Fertig präparierte Fenster.

Nach vollständigem Lösen der Kieferhöhlenschleimhaut wird der geschaffene Hohlraum mit dem Transplantatmaterial aufgefüllt. Zur Verbreiterung des Knochens wurde in diesem Fall auch vestibulär Knochenmaterial aufgebracht und das Ganze mit einer Membran abgedeckt. Diese wurde mit zwei Nägeln fixiert (Abb. 35–37).

Abb. 35 u. 36: Hohlraum wird mit Transplantatmaterial aufgefüllt ...
Abb. 37: ... mit Membran abgedeckt und mit Nägeln fixiert.

Ein ähnliches Vorgehen erfolgte anschließend auf der linken Seite. Postoperativ ist auf dem OPG sehr schön der domartige Knochenaufbau in der Kieferhöhle zu erkennen (Abb. 38). Sechs Monate nach dem Sinuslift fertigten wir ein neues DVT zur Implantatplanung an (Abb. 39 u. 40). Dieses zeigt in den einzelnen Schnitten, dass nun ausreichend Knochen zur Verfügung stand. Auf jeder Seite wurden jeweils drei Implantate inseriert (Abb. 41), an denen dann nach einer Einheilzeit von ca. vier Monaten die vorhandene Prothese über ein Locatorsystem befestigt werden kann. Die Prothese wird in diesem Rahmen umgearbeitet und gaumenfrei gestaltet.

Abb. 38: Das postoperative OPG zeigt den domartigen Knochenaufbau in der Kieferhöhle.
Abb. 39 u. 40: Das DVT sechs Monate postoperativ zeigt, dass ausreichend Knochen vorhanden ist.
Abb. 41: Auf jeder Seite wurden drei Implantate inseriert.

Komplikationen

Die häufigste intraoperative Komplikation während der Sinusbodenaugmentation ist die Perforation der Schneider’schen Membran. In der Literatur wird von Perforationsraten zwischen 14 % und 56 % berichtet [1–4]. Kommt es zu einer Perforation der Kieferhöhlenschleimhaut beim lateralen Sinuslift, so muss diese repariert werden, damit das Augmentationsmaterial eingebracht und der Eingriff erfolgreich abgeschlossen werden kann. In der Literatur werden unterschiedliche Behandlungsmethoden vorgeschlagen. Eine davon hat sich ganz besonders durchgesetzt: das Abdecken der Perforation mit einer resorbierbaren Kollagenmembran [3,9–15]. Auch sehr große Perforationen lassen sich so zuverlässig verschließen.

Die Membran sollte mit Nägeln oder Pins am knöchernen Rand des Fensters nahe der Perforation fixiert werden. Kommt es beim internen Sinuslift zu einer Perforation, so muss – je nachdem, um wie viel Millimeter augmentiert werden soll – zu einem lateralen Vorgehen gewechselt werden. Bei nur 2–3 mm Augmentation kann ein in den Bohrstollen geschobenes Kollagenvlies oder ein Stück Kollagenmembran die Perforation abdichten. Dann sollte aber auf keinen Fall auf ein intraoperatives Röntgenbild vor der Implantatinsertion verzichtet und möglichst Eigenknochen verwendet werden. Einige Untersuchungen (Adell und Lekholm) zeigen, dass ein steriles Implantat, welches 2 mm in die Kieferhöhle ragt, zu keinerlei postoperativen Komplikationen oder zu einer geringeren Implantatüberlebensrate führt.

Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten beim lateralen sowie beim internen Sinuslift liegen bei über 90 %. Auch wenn es zu einer Membranperforation mit korrekter Komplikationsbehandlung gekommen ist, hat dies keine negativen Auswirkungen auf den Erfolg der Behandlung [10,16,17].

Zusammenfassung

Der Sinuslift ist ein wissenschaftlich bewährtes Verfahren zum Knochenaufbau in der basalen Kieferhöhle, wenn dentale Implantate inseriert werden sollen. Dem Praktiker stellt sich die Frage, wann er den Zugang durch ein Fenster an der lateralen Kieferhöhlenwand wählt oder wann er über einen krestalen Zugang gegebenenfalls minimalinvasiver vorgehen kann. Diese Entscheidung muss in der Planungsphase getroffen werden. Sehr hilfreich sind dabei die Transversalschnitte einer DVT-Aufnahme. Sie geben deutlich Auskunft über das wirkliche Knochenangebot im verbliebenen Alveolarfortsatz. Die aus dem Praxisalltag entwickelte Klassifikation nach Sieper und Ratschow bietet einen systematischen Überblick und ist eine Empfehlung für die Wahl der möglichen Vorgehensweise, in Abhängigkeit von der Restknochenhöhe. Auch bei einem grenzwertigen Knochenangebot von nur 4 mm kann ein patientenschonender interner Sinuslift erfolgen. Wichtige Voraussetzung ist neben der DVT-Aufnahme eine unterdimensionierte Implantatbohrung, gefolgt von einer Knochenverdichtung, die anschließend mit Osteotomen vorgenommen wird, um eine ausreichende Primärstabilität des im Restknochen inserierten Implantates zu erzielen. Vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang auch ein Mikrogewindedesign (Microthreads, selbstschneidend), welches eine stabile Verankerung im ortsständigen Knochen begünstigt. Die Autoren empfehlen beim internen Sinuslift in grenzwertigen Fällen mit einem Knochenangebot von weniger als 5 mm, nach Einbringung des Augmentates noch vor Einbringung des Implantates eine Röntgenkontrolle vorzunehmen. So kann sichergestellt werden, dass eine korrekte Platzierung des Augmentates erfolgt ist. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Achim Sieper - Dr. Friederike Ratschow